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Gedichte Joseph Rossa
Alter: Am schlimmen Rand des Lebens (Euripides)
Nunmehr wo ich an manchem Tag
Auch an das Ende denken mag
Denk ich voraus, doch auch daneben
An mein bisher gelebtes Leben.
War es ein ziemlich steiler Berg
Den ich erklomm als müder Zwerg
und den ich niemals ganz erreichte
Weil mich der Wohlstand längst verweichte.
War es ein tiefer, breiter Fluss
Den ich stromaufwärts queren muss
Und ich, um obenauf zu bleiben
Ließ mich ganz einfach abwärts treiben.
Ein undurchdringlicher tiefer Wald
Der aufwärts führt und abwärts bald
Ganz ohne Pfade, wie ich wollte
Und ich nicht wußt´ wohin ich sollte
Ich weiß es nicht bis auf den Tag
Und ungeklärt bleibt meine Frag´
So werd´ ich halt beim Saft der Reben
Ganz unbekümmert weiter leben.
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