Page 28 - Aufsatz
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Mundartkreises herausgegebene Tiroler Mundart-Lesebuch Hoangartl sowie
auch einschlägige Beiträge in der von Wolfgang Pfaundler redigierten
Kulturzeitschrift „Fenster“, brachte der Turmbund u. a. eine Kleine Mundartreihe
heraus, kurzum, es bestanden zahlreiche Möglichkeiten für Mundartschaffende.
In diesem Zusammenhang ist besonders die von Dr. Friedrich Haider gestaltete
Sendung „Ein Stübele voll Sonnenschein“ hervorzuheben, die vielen
Mundartdichterinnen und Mundartdichtern Gelegenheiten bot, vor ein größeres
mediales Publikum zu treten.li
Neben der traditionellen Dialektdichtung entstand auch eine kritisch
ausgerichtete „neue“ Mundartlyrik bzw. Mundartdichtung, die sich neuen
Formen und Inhalten öffnete. 1974 erfolgte die Gründung des Internationalen
Dialekt-Instituts IDI (Institut für regionale Sprache und Kultur) in Obergurgl durch
Dr. Hans Haid, 30 Jahre lang stand er als Obmann dieser Vereinigung vor.
Vielen engagierten Autorinnen und Autoren ist es schließlich zu danken, dass
die Dialektdichtung in Tirol und darüber hinaus die Enge beschaulicher
Heimatdichtung überwand und sich die kritische, gesellschaftspolitisch
engagierte Dialektdichtung im deutschsprachigen Raum vernetzte, die
qualitätsbewusst, poetisch anspruchsvoll, gegenwartsbezogen, formal und
thematisch offen sowohl zum Fortbestand gewachsener Kulturtraditionen als
auch zur Ausbildung eines regionalen Bewusstseins beiträgt.lii
In Psychologie, Soziologie und Pädagogik erfolgte ebenfalls eine zunehmende
Befassung mit dem Dialekt und seine positive sowie wertschätzende
Wahrnehmung als identitätsstiftende Sprachform, die durchaus ihren
Stellenwert und ihre Position sowohl im muttersprachlichen Unterricht als auch
insgesamt im Bildungs- und Sozialisationsprozess hat. Mehr noch,
Mundartsprechern und Mundartsprecherinnen kann sogar Mehrsprachigkeit
zugestanden werden, da Mundarten voll funktionsfähige, allerdings von der
Hochsprache abweichende Sprachsysteme sind und über einen vollen
Kommunikationswert verfügen.liii
Zahlreiche Liedermacher und Gruppen tragen ihre Lieder ebenfalls in Mundart
bzw. mundartähnlicher Sprache vor. Als bemerkenswerte Beispiele erwähne ich
in diesem Zusammenhang Toni Knittel von Bluatschink aus Bach mit Texten in
der Lechtaler Mundart, Stephan Mathoi aus Wenns im Pitztal mit seiner Band
TOI, welche die Texte im ursprünglichen Dialekt ihrer Heimat darbieten, wie
ähnlich auch Marlon Michael Prantl aus Längenfeld mit der Gruppe TyRoll.
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