Page 3 - Mundart und die Moderne
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Was ist der Anlass, dass Menschen kunstvoll aneinander gereihte Worte mit viel
Wohlklang erfinden? Möchte man althergebrachte Worte lebendig halten, ist es
die Lyrik um die Umgebung gefühlvoll zu schildern, ist es die Kritik an der
Gesellschaft und aktuellen Vorkommnissen, oder ganz einfach die Zuhörer nur
launig zu unterhalten?.... In gewisser Weise wird alles zutreffen.
Nach meinem Dafürhalten kommen in der Entwicklung bald nach den Kinder-
reimen die Liebesgedichte.
In der einfachen Bevölkerung ist das Sagen von Liebesworten viel schwerer als
sie zu schreiben. Die routinierten Frauenverführer jetzt einmal ausgenommen.
Hand aufs Herz, wer hat noch kein Liebesgedicht geschrieben ... also haben wir
schon eine Übereinstimmung...und als Dichter muss man nicht unbedingt
verliebt sein...man kann auch (sogar verbotener Weise) davon träumen...schon
wieder eine Übereinstimmung...Liebe und Träume, das Geheimnis der Poesie.
Dabei muss die Liebe nicht nur geschlechtlich sein und die Träume nicht nur
schwülstig.
Gefühle werden ja in der Zeit unserer Sprachentartung auch nur mehr verlacht
und als altmodisch abgetan. Computer-befehlsmäßiges behandeln eines
Gedankens ist gefragt.
Opening, input, enter.... Das ist modern…sagen die Modernen
Sollen wir uns darum kümmern, ob man hi, tschau, tschüs oder pfiat di sagt?
Resultat: ...eine neue Sichtweise....
Neue Subjektivität und in diesem Zusammenhang ist der Süd-Tiroler Norbert C.
Kaser zu nennen. Es liegt mir nicht daran, ihn zu verherrlichen, diesen wie er
vielerorts genannt wird: Heimatbeschmutzer! Aber in der Lyrik der Moderne hat
er seinen Platz.
Knappheit im positiven Sinn – Konzentration und Einfachheit – sollen das
Wesen der Dichtung sein.
Lyrik ist in der Hauptsache „gebundene Rede“. Durch den Reim wird die
Gebundenheit des Sprechens besonders auffällig beim Leser (Hörer) die
Bereitschaft zum Mitempfinden erweckt.