Page 16 - Aufsatz
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Im östlichen Unterland sagt man gwen für gwesen, das auslautende d entfällt
meistens (Föi – Föid – Feld). Bis gegen Wattens entfällt mittelbairisch das
auslautende n, das im Südbairischen erhalten bleibt (kemma, renna, singa statt
kemmen, rennen, singen).
Je weiter östlich, umso weicher wird das g ausgesprochen (z. B. in Wörgl
Gnecht für Knecht). Weiters gibt es im Unterland die doppelte Verneinung (z. B.:
des mocht ka Mensch nit). Ähnlich wie im Ötztal bestehen auch im Zillertal
einige Spracheigenheiten z. B. das Wort oft oder oftan für dann; im Unterschied
zum umliegenden Inntal für sind: henn anstatt senn. Die mittelbairischen
Schwächungen biegen im Zillertal nach Osten, der Dialekt weist zahlreiche
südbairische Sprachmerkmale auf: -rs, -rst, -rcht werden als ch (chr)
ausgesprochen (Wurst: Wucht, Hirsch: Hiach, Bürste: Bichte). Beim Satzbau
werden Vorsilben vom Verb getrennt und das Hilfsverb wird eingeschoben.xxxii
Die im hinteren Zillertal gesprochenen Mundarten sind südbairisch und vom
Pustertal her beeinflusst, die Besiedlung erfolgte bekanntlich über den
Alpenhauptkamm.
Osttirol: Die Osttiroler Mundarten haben sich in Folge der sackgassenartigen
geographischen Lage zwischen Hohen Tauern und Lienzer Dolomiten bis zur
Eröffnung der Felbertauernstraße 1967 weitgehend sprachkonservierend
entwickelt. Ein markantes Kennzeichen ist die Vokalisierung des r wie im
angrenzenden Kärnten (z. B. Jahr: Joa, werden: wean, teuer: toia). Das
Pustertal erstreckt sich von Südtirol nach Osttirol, daher gibt es auch
gemeinsame sprachliche Merkmale. So wird die Heidelbeere wie in Südtirol
nach ihrer Farbe Schwarzbeere genannt. Für beide Landesteile gilt weiters
Gitsch(e) für Mädchen (zum Salzburgischen hin eher als Diandle bezeichnet),
sem/selm/zem/tsem für dort oder (Hai)-Schupf(e) für Heuschuppen bzw.
Almstadel. Im Einzugsgebiet der Isel weiter östlich sagt man nicht Pui (Bub) wie
im Pustertal, sondern Püe (Büe) oder Pue; an Stelle von fogun und scham
(vergönnen und schämen) fogunen und schomen; Schtaan (Stein) wird zu
einem nasalen Schtoan. Weiters bestehen auch Beziehungen zu Kärnten
insofern, als im frühen Mittelalter slawische Siedler bis ins Toblacher Feld
zogen, im Zuge der bayrischen Landnahmen germanisiert wurden, aber in
Lebensart, Kultur und Sprache nachhaltige Spuren hinterließen.
Südtirol: Südtirol war seit dem Hochmittelalter ein Kernland der Dichter und
Sänger deutscher Zunge (z. B. Oswald von Wolkenstein). Die Grenzziehung
1919 im Frieden von St. Germain brachte die Trennung von den übrigen
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