Page 17 - Aufsatz
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Landesteilen. Die mundartlich-sprachlichen Gegebenheiten sind durch zwei
geographische Grundlinien bestimmt: einerseits das in Ost-West-Richtung
verlaufende Pustertal mit seinen Nebentälern, und andererseits die weiter
westlich gelegenen Täler des Alpenhauptkamms (Sarntal, Passeiertal,
Vinschgau) mit südbairischem und älterem germanischen Sprachgut.xxxiii
Manche lokale bzw. regionale Varianten sind als Teile von größeren
Dialektgruppen unterscheidbar, welche nach Tälern oder Abschnitten von
Tälern benannt wurden (z. B. Pustrerisch, Vinschgerisch, Sarnerisch,
Unterlandlerisch, Pseirerisch …).

Eine andere Einteilung sieht eine östliche, eine zentrale und eine westliche
Dialektgruppe vor. Die Reibelaute f und s werden in Südtirol schwächer
ausgesprochen als in Nordtirol, z. B. kafn bzw. kaffn (kaufen) und hoaßn
(hoassn) für heißen. Im Wortschatz zeigen sich auch einige italienische
Bezeichnungen (z. B. Targa für das Kennzeichen eines Fahrzeugs – kommt
vom altfränkischen „targa“ (Schild), ist also eigentlich germanisch; oder magari
für womöglich, vielleicht; u. a.). Beispielsweise ist in Grantn (Preiselbeeren) die
Ähnlichkeit mit „granëta“ (ladinisch Preiselbeere) und mit dessen Wurzel, dem
„granum“ (lateinisch Korn) zu erkennen.

Pustertaler Dialekt: Die östliche Gruppe ist am deutlichsten vom übrigen
Südtirol abgegrenzt und umfasst das Pustertal mit seinen Seitentälern. Das
mittelhochdeutsche uo (z. B. muoter - Mutter) wurde zu ui (Muito), in anderen
Teilen Südtirols zu ue oder ua (Muetr, Muatr). An diesem letzten Beispiel fällt
auch die typische Vokalisierung der Endung -er auf. Die Vorsilbe ge- wurde zu
gi- (gewesen: giwesn, gemusst: gimießt). Das mittelhochdeutsche ei (Stein)
wurde hier im Osten zu einem langen a (z. B. Schtaan), andernorts durchwegs
zu ue oder oa (Schtuen, Schtoan). Wie teilweise auch im Eisacktal werden die
Endungen -en und –n beim Verb (Infinitiv und Partizip II) weggelassen (z. B.
nemm – nehmen, ebenso nach -n, -ng, -m und –l: gong – gegangen, ginom –
genommen). Weibliche Hauptwörter, die ansonsten auf -e auslauten, haben
dieses im Süden und Westen nicht, z. B. Fraid(e): (Freude), Supp(e) oder
Suppm, auch in der Mehrzahl lauten manche Hauptwörter auf -e aus: z. B.
Pame, im Unterschied zu Pam (Bäume). Das mittelhochdeutsche iu wird im
Süden und Westen als ui, im Osten als oi ausgesprochen: Fuier/Foia.

Der Passeiertaler Dialekt klingt recht unterschiedlich, verfügt jedoch über einige
Gemeinsamkeiten mit dem Pustertaler Dialekt (z. B. Erhaltung des –e: Schuale,
Oare; gi- bzw. ge- (giwesn, ingilodn) vs. g-(gwesn). Eine Eigenheit ist die

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