Page 6 - Aufsatz
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Ab 15. v. Ch. wurden die Alpenländer von den Römern zur Sicherung der
Provinz Gallien vor den bereits eindrängenden Germanenstämmen
unterworfen. Damit begann die in etwa 500 Jahre dauernde Herrschaft der
Römer in Tirol, das zur Provinz Rätien gehörte.x Viele Orts- und Flurnamen
beinhalten bis zum heutigen Tag rätoromanische Sprachreste (z. B. Trujen,
Thaia). Nach und nach ließen sich Angehörige germanischer Stämme in den
Alpentälern nieder: Schwaben und Alemannen siedelten im Land zwischen
Lech und Inn, die Ostgoten und Langobarden vorwiegend im Passeier-, Sarn-
und Ultental, die Bayern ließen sich in den rätoromanischen Dörfern nieder und
verschmolzen nach und nach mit der ansässigen Bevölkerung. Nach der
Völkerwanderung begann sich die Tiroler Sprachlandschaft zu festigen und
zeigte sich ähnlich wie heute.

Die derzeit gesprochenen Tiroler Mundarten verweisen in etwa auf den
Sprachstand des Mittelhochdeutschen um 1100 (z. B. der Mittel-Ötztaler
Dialektxi).

1.3. Zweite oder Althochdeutsche Lautverschiebungxii

Entstehung von Althochdeutsch und Mittelhochdeutsch
Die Zweite oder Althochdeutsche Lautverschiebung erfolgte zwischen 500 und
700 n. Chr. in zwei Schritten und betraf nun ausschließlich die deutsche
Sprache, insbesondere die sich auf Grund der gemeinsam durchgemachten
Lautverschiebung im Laufe des Mittelalters zur deutschen Sprache
ausbildenden südgermanischen Dialekte.xiii

Die Althochdeutsche Lautverschiebung bewirkte vorerst einen weiteren
konsonantischen Lautwandel durch Verhärtung der stimmhaften Reibelaute.xiv
Diese Konsonantenverschiebung erfolgte umso vollständiger, je weiter südlich
ein Dialekt beheimatet war, am vollständigsten im Bairischen und
Alemannischen, und war bis zum ersten Erscheinen althochdeutscher Texte im
8. Jahrhundert vollzogen, wobei die Verschriftlichung eher eine Verlangsamung
bewirkte. Diese bis ins 11. Jahrhundert gebräuchliche Sprachform wird als
Althochdeutsch bezeichnet.xv Im weiteren Verlauf der althochdeutschen Periode
ergaben sich in den süddeutschen Dialekten vokalische Veränderungen, nicht
jedoch im Niederdeutschen. Lange Selbstlaute veränderten sich zu Zwielauten
(Diphthongierung): So wurde aus langem i ein ei (win-Wein), langes u wurde zu
au (hus-Haus), langes ü/iu zu eu (hiute-heute), (ü)o wurde zu uo (bok-buoch-
Buch). Solche Vokalwechsel gab es bis zur mittelhochdeutschen Zeit bzw. bis
zum 12. Jahrhundert.xvi

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