Page 12 - Mundart_Schreibung
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1.5 Wechselseitige Einflüsse von Standard- und Mundartschreibung
Bezugnehmend auf den vorher angesprochenen Internationalen Tag der Muttersprache hat der
Muttersprachenunterricht Deutsch insbesondere die Aufgabe, allfällige mundartliche Besonderheiten
sowie daraus resultierende Probleme von Mundartsprecher/innen bzw. -schreiber/innen zu
erkennen, bewusst zu machen und entsprechende Hilfen zu deren Überwindung anzubieten.25
Entsprechende Passagen und curriculare Vorgaben finden sich in den diversen Lehrplänen. Wie
bereits mehrfach angemerkt, stellt Dialekt ein voll funktionstüchtiges Sprachsystem mit Phonologie,
Lexikon und Syntax dar. Elemente der Primärsprache (Mundart) werden auf die Hochsprache
(Standard-, Schriftsprache) übertragen, was je nach Differenz und Größe des Unterschieds negative
Interferenzen bewirken kann. Allein dieses Argument spricht eigentlich gegen eine möglichst an die
Hochsprache angeglichene Schreibung der Mundart. Umgekehrt kommt es sowohl zur Übernahme
als auch zur Angleichung von Wörtern aus der Umgangs- bis Hochsprache in die Mundart (z. B.
Nomen auf –ung, -heit, -keit bei Betonung der Allgemeingültigkeit einer Aussage; dies entspricht in
etwa dem Prozess der Umwandlung von Fremdwörtern in Lehnwörter).
Es ist einerseits die Diskrepanz zwischen gesprochenem Laut (Phonem) und geschriebenem
Buchstaben (Graphem) zu überwinden, andererseits noch zusätzlich die Umsetzung der Laute von
einem System (der Mundart) in ein anderes (Hochsprache) oder umgekehrt.
25 vgl. Meraner Rudolf: Rechtschreibübungen –dialektbedingte Rechtschreibfehler. In: Saxalber-Tetter Annemarie (Hg.):
Dialekt-Hochsprache als Unterrichtsthema. Anregungen für Deutschlehrer. Bozen/Südtiroler Kulturinstitut, Arbeitskreis
Südtiroler Mittelschullehrer 1985, 73-89
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