Page 16 - Mundart_Schreibung
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ze(n) lochn, es herchrt au ze(n) regnen, jedoch die Großschreibung bei Präposition mit Dativ:
zen Umfolln miede sein; das Adverb „zu“ bei Adjektiva wird im Ötztaler Dialekt ausgeführt (ze
frie ödr ze schpate dron sein).
Präposition und Artikel können zusammengeschrieben werden (ans, aufs, fiers, durchs usw.).
Ebenso bei der Vorsilbe ge- (gsungen); die Vorsilbe zer- weist im Ötztaler Dialekt den
Sprachstand vor der 2. Lautverschiebung auf: drrissn-zerrissen, drschprungen-zersprungen ...)
Bezüglich der Endsilben sind im Ötztaler Dialekt ebenfalls die Gegebenheiten spezifiert:
o -er (kleiner: kloanar); -en (singen, fongen;
o aber: brauchn, halfn, Besn u. a. – das e entfällt häufig).
Bezüglich der Auslautsilbe –ben (leben, Glauben – lebm, Glöbm) erfolgt die Auslautung auf –
bm.
Ein Zusammentreffen von tt oder dt kommt im Ötztaler Dialekt kaum vor: er betet, sie
schneidet, er leidet usw.
Eine verkürzte Schreibung von Artikeln kommt im Ötztaler Dialekt nicht vor.
ein (oe/n, a), auch (ö), er (ar) laufen im Ötztaler Dialekt in Folge ihrer Differenziertheit nicht
Gefahr, gleich geschrieben zu werden.
Wie bereits angemerkt, sollte mit ergänzenden Zeichen möglichst sparsam umgegangen und
nach Möglichkeit vollständig darauf verzichtet werden. Manchmal aber ist es auf Grund
lokaler Eigenheiten oder Näherungen an die Umgangssprache unumgänglich, einen Laut oder
eine Lautfolge als Klammerausdruck zu ergänzen.
Hauer rät zur Vermeidung von Verkleinerungsformen und bezeichnet sie als „Graus“.30 Ich
sehe sie in Abhängigkeit von der realen Verwendung im konkreten alltäglichen
Sprachgebrauch: z. B.: Ei: Goggele, Puppe/Kleinkind: Pöppele, ein kleiner Wagen: a kloes
Wagele, a Madle, a Mannle, a Weibele u. v. a. m. ...
Die kontaminierte Form bei Adverbia und Konjunktionen in Verbindung mit dem
Personalpronomen du ist im Ötztaler nicht gebräuchlich; wenn du: wenne de ...
[7] Schließlich werden noch stilistische Unzulänglichkeiten und Unrichtigkeiten beim Gebrauch
sprachlicher Ausdrucksmittel und ihrer Darstellung zur Sprache gebracht, Hauer bezeichnet sie m. E.
etwas übersteigert als „Krankheiten in der Mundartdichtung“:31
Inversionen: Dabei handelt es sich um Satzverdrehungen und Umstellungen, häufig auch
zugunsten eines Reims. Die Satzstellung sollte möglichst so wiedergegeben werden, wie sie in
der gesprochenen Sprache Verwendung findet.
Nominalsätze, das sind Sätze, bei welchen das „Nomen“, i. e. das Verb oder gelegentlich auch
der Artikel fehlt, z. B. Es geit vil scheane Platzlen, die mir seit dr Kindheit bekonnt (sein).
Pleonasmen, also in der Satzabfolge doppelt ausgedrückte Sinngehalte wie z. B.: doppelte
Verneinungen.
Schließlich wird noch die Verwendung von sog. Füllwörtern angeprangert, z. B. von tun in
Verbindung mit dem Infinitiv eines Verbs: Diesbezüglich sind im Ötztaler Dialekt beide
Versionen zulässig und gebräuchlich: Dos tüet mr nit gfolln passt genau so wie Dos gfellt mr
nit.
Echter Rhythmus und reiner Reim, richtige Satzstellung und Schreibweise werden
abschließend und zusammenfassend als Qualitätsansprüche und –merkmale genannt.
(2) „Die Verschriftlichung der Mundart stellt für alle Mundartschreibenden ein Problem wie eine
Herausforderung dar. Es stellt sich die Frage: Soll die geschriebene Mundart möglichst der
Schriftsprache entgegen kommen, oder soll sie die mundartliche Lautung möglichst getreu
wiedergeben? Es gibt die wissenschaftliche Verschriftlichung, die mit einer Fülle von Zeichen arbeitet,
30 a. a. O., 51
31 a. a. O., 69-74
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