Page 17 - Mundart_Schreibung
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um jeden Laut möglichst getreu zu erfassen. Dr. Egon Kühebacher hat sie ... im „Tiroler Sprachatlas“
vorgeführt, aber wie man dort sehen kann, ist eine solche Verschriftlichung, sei es im Schreiben als
auch im Lesen, sehr schwierig“ schreibt Alfred Gruber im Vorwort zur Schrift von Egon Kühebacher32,
der auf Grund seiner umfassenden Kenntnis der Tiroler Mundarten Vorschläge zu deren
Verschriftlichung in einer Gliederung auf der Grundlage des Alphabets erarbeitet hat. Dabei erfolgen
sowohl Hinweise auf die sprachhistorischen Wurzeln als auch auf die Regionen und Talschaften, in
welchen die erwähnten Beispiele vorkommen. Da die angeführten und besprochenen Ableitungen im
Ötztaler Dialekt aber oft so nicht zutreffen, verzichte ich darauf, auf die einzelnen mundartlichen
Lautungen und Ableitungen detailliert einzugehen bzw. diese wieder zu geben.

     Vokale a [-a, aa ], e [-e, ee, ö, öö, ei, ea, ia], i [-i, ii (ie)], o [-o, oo, ou, °a, °aa, °au, oa (ua)], u [-u,
         uu] kommen lang oder kurz vor, wobei die Länge eines Vokals durch Verdoppelung angezeigt
         wird. Nach Kühebachers Meinung ist das a° „das einzige im Alphabet nicht vertretene
         Zusatzzeichen, auf das ... bei der schriftlichen Wiedergabe der Mundart nicht verzichtet
         werden kann. Es gibt den kurzen, offenen o-Laut wieder und entspricht dem verdumpften,
         kurzen a der Hochsprache“33 (z. B. mochn – m°achn). Für den langen offenen o-Laut wird die
         Schreibung °aa empfohlen (z. B. Nomen-N°aamen), bei steigender Diphthongierung die
         Schreibung °au (z. B. Hon-H°aun).

     Nebentonige Vokale können wie ausgesprochen geschrieben werden, dies gilt auch für sog.
         „Murmellaute“.34

     Ein langes ie (wie z. B. in Brief) ist nur dann so zu schreiben, wenn es auch entsprechend
         ausgesprochen wird (Brief, manchmal auch Briaf, oder: grieß di - griaß di, pfiet di - pfiat di
         usw.). Ich vertrete diesbezüglich nicht die Auffassung einer Einheitsschreibung, sondern einer
         in phonetischer Hinsicht der gesprochenen Version möglichst gleichkommenden Modalität.35

     ei-ai: Der mundartliche Zwielaut ai ist im Hochmittelalter durch Diphthongierung des langen
         mhd. i entstanden, für seine Schreibung wird durchgehend ai empfohlen36 (z. B. Wein-Wain).

     Bei der Verschriftung der Konsonanten wird empfohlen, sich im Hinblick auf die Lesbarkeit
         nach Möglichkeit an der hochsprachlichen Schreibung zu orientieren. Dies gilt auch für die S-
         Schreibung, welche durch die neue Rechtschreibung seit 1996 vereinfacht wurde.

     Da das s in den Verbindungen sp und st immer als Zischlaut sch gesprochen wird (aber z. B.
         nicht im Raum Kitzbühel) und nicht nur im Anlaut wie in der Hochsprache, sieht Egon
         Kühebacher kein Erfordernis für die Schreibung scht oder schp (das als Spezialfall angeführte
         Beispiel „ihr lasst – l°aßt“ trifft im Ötztaler Dialekt so nicht zu: des losset).37

(3) Isidor Grießer38 setzte sich ebenfalls mit der Schreibung des Ötztaler Dialekts auseinander, seine
diesbezüglichen Erkenntnisse und Auffassungen fasste er sowohl in einem Aufsatz als auch einleitend
im Kapitel „Schreibung und Aussprache“ zusammen: „Ich bleibe bei möglichst einfacher
Schreibweise“. Als Volksschullehrer befürchtete er zudem rechtschreibliche Verunsicherung für
Schüler/innen durch Lesen im Dialekt. Allerdings kann ich mich manchem in seiner Argumentation
nicht anschließen.

32 vgl. Kühebacher Egon: Vorschlag zur Verschriftlichung der mundartlichen Lautungen. Herausgegeben im Namen des
Südtiroler Heimatpflegeverbandes von Alfred Gruber. Dorf Tirol/Verlag Südtiroler Autoren 1998, 2-11
vgl. Isidor Grießer: Wenn Alte wieder kamen. Bauernsaga im Ötztaler Dialekt. Imst/Eggerverlag o. J. (1991), 7-10
33 vgl. Kühebacher Egon, a. a. O., 6 f
34 vgl. Kühebacher Egon, a. a. O., 8
35 vgl. Kühebacher Egon, a. a. O., 11
36 vgl. Kühebacher Egon, a. a. O., 7
37 vgl. Kühebacher Egon a. a. O., 9 ff
38 Grießer Isidor: Wie soll man Ötztaler Mundart schreiben? In: Ache. Ötztaler Kulturzeitschrift Nr 7, Juni 1989, hg. vom
Ötztaler Heimatverein, Längenfeld, 14-15; Grießer Isidor: Wenn Alte wieder kamen. Bauernsaga im Ötztaler Dialekt.
Imst/Eggerverlag o. J. (1991), 7-10

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