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Geschichten Joseph (Sepp) Rossa



               sehen wir hinüber zum Kellner, hinunter ins Tal und dann, unmittelbar am
               Gipfelaufbau queren wir nach rechts und stehen bald am Gipfel. Es wird gerade

               ums Zwölf Uhr Läuten sein aber hier heroben ist nicht einmal das zu hören. Es

               weht ein kalter und starker Wind heroben. Ein kurzer bewundernder Blick über

               dieKitzbühler Alpen hinüber zu den Zillertalern, dann ein Bedauern hinab nach

               Hochfü- gen, zu den wie ein Ameisenhaufen überlaufenen Schihängen und wir
               verrollen uns in die windgeschützte Südwestmulde des Gilfert. Ein paar

               Mannerschnitten in den ausgetrockneten Mund, für einen Apfel ist es zu kalt

               und die Vorbereitungen zur Abfahrt nehmen ihren Anfang. Der Rucksack wird

               um den Bauch festgezurrt und los gehts. Die ersten zwei Schwünge sind nicht

               leicht. Der windgepresste Schnee ist beinhart und da und dort kommt der Fels
               an die Oberfläche. Mit ein paar Knirschern aber kommt man drüber weg und

               dann taucht man ein in das weiche pulverige Weiß. Es mögen um die 30 cm

               Flaum sein, locker und leicht. Die ersten Schwünge stimmen noch nicht mit der

               Balanz. Es muss erst noch die richtige Rücklage, die passende Position auf dem

               Schi gefunden werden, aber dann beginnt ein Schwelgen das sich von zu
               Schwung zu Schwung steigert bis man meint es könne nichts auf der Welt

               schöner sein. Der Freund fährt voraus, Girlanden in die unberührte Fläche

               zaubernd und ich müh´ mich sie zum Zopf, zum Achter zu schließen.


               Der kalte Staub, von den Schiern aufgewirbelt pulvert an mir herauf bis ans

               Kinn. In unserm Rausch versäumen wir beinahe den Übergang zur Lawasteralm.

               Kommen aber dann zum Stehen und Schauen uns gegenseitig an. Was heißt
               anschauen. Es ist so ein erfülltes Leuchten im Gesicht des Freundes und aus

               seinen, vom Schnee fast zugewehten Augen kommt ein Strahlen als hätte er

               eben geradewegs ins Paradies geschaut. "Bärig, ha?" kommt es als einzig

               möglicher Kommentar über seine Lippen.


               Stoßweise und aufgewühlt geht der Atem. Wenn das Wort "Exstase" nicht so

               missbraucht würde, wäre es hier angebracht. Und weiter gehts hinein in
               unberührte Hänge. Kaum Zeit in das tief unten liegende Inntal zu schauen.

               Weiter tanzen, springen, auf und ab und wäre das Juchzen in den abgeklärten



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