Page 24 - Microsoft Word - Geschichten
P. 24
Geschichten Joseph (Sepp) Rossa
verriegelte die Tür. Es kam nicht selten vor, dass er Zuckerln aus der Tasche
holte und sie an die Kinder verteilte. Ohne dass er etwas sagte wusste man, dass
er die Kinder gernhatte. Und die Gschrappen ihn. Ich musste mir damals einige
Male beim Autofahren anhören: Der Hans macht dös nit so wia du Papa.
Der Gang um die Kirche weitet sich je nach Wochentag des Begräbnisses oder
Beliebtheit und der Anzahl der Verwandtschaft des Verstorbenen auf der
Dorfstraße gegen Osten hin aus. Alte Leute deren Tod etwas Standesgemäßes ist,
erfordern einen Rundgang bis zum untern Aigner. Aber beim Hans musste man
bis zum Huber gehn um die trauernde Menschenmenge zum Geleite vor das Grab
in eine Reihe zu bringen. Vier seiner engsten Freunde trugen den Sarg mit einer
Behutsamkeit die man den stämmigen Männern nicht zutraute. Als wollten sie
ihm ja nicht weh tun. Es war fast Zärtlichkeit wie sie den Liebgewesenen auf die
Balken über der Grube hoben.
Während der Gebete des Pfarrers vor dem Grab kommt es bei den weiter hinten
Stehenden durchaus vor, daß die eine oder andere Bemerkung über den Toten
oder den Hergang des Sterbens gemacht wird.
Bei diesem Begräbnis fand diese kleine Entgleisung nicht statt. Es war als stünde
er noch immer unter uns. Zu frisch noch war die Erinnerung an ihn. Zu nahe
stand er noch bei uns. Während es leicht zu regnen begann löste sich der
Trauerzug leise auf und die Bedrücktheit war noch Tage später im ganzen Dorf
spürbar.
Seite -23-