Page 21 - Mundart_Schreibung
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Sammlung durch Pius Ambrosi aus Ötz.47 Was die Schreibweise betrifft, so werden „… ‚stummes h‘

und ‚langes i‘ … durch Verdoppelung des langen Vokals ersetzt, daher: Jedes ‚h‘ innerhalb eines

Wortes wird immer deutlich hörbar gesprochen, und ie ist immer i-e. … Grundlage ist das Bemühen

um eine möglichst lautgetreue Wiedergabe.“ Zu diesem Zweck erfolgt auch die Verwendung

bestimmter Sonderzeichen wie

 Ô, ô Laut zwischen O und Ö:     z. B. Brôet-Brot (ich sage und schreibe: Bröet)

 ..E, ..e Laut zwischen E und Ö  z. B.: d..eet-dort (ich sage und schreibe: det)

 °A, °a offenes O z. B.: S°aachar-Bub (ich sage und schreibe: Soachar)

 rch       guttural (das „Tiroler rch“) z. B.: Birchta-Bürste (ich sage und schreibe: Birchrta)

und zahlreiche mundartbedingte Vokalverdoppelungen z. B.: ba Tooge-bei Tag (ich sage und schreibe:

bei Toge).

Die Verwendung solcher Zeichen in einem mundartlichen Text (Gedicht, Erzählung) ist m. E. eher

verwirrend als hilfreich, sie erhöhen die Lautexaktheit keineswegs. In einem Wörterbuch sind sie
dagegen durchaus legitim.48 Die häufigen Vokalverdoppelungen zur Kennzeichnung der Dehnung, die

es ja ungekennzeichnet auch in der Standardsprache gibt (z. B. der Hase, der Tag, die Rose, das Elend

u. a.) scheint mir allerdings überflüssig. Auch die Schreibung von hoschtte - hast du, und bischtte -

bist du ist als Kontamination in einfacher Form genauso verständlich (ich sage und schreibe: hoschte,
bischte). Birchta trifft in dieser Form die lautliche Gestalt nicht exakt, zudem erschweren

Hochstellungen in einem Wort die Lesbarkeit. Dabei dürfte es sich wohl eher um Spitzfindigkeiten

und Bemühen um originelle Lösungen handeln. Schreibungen wie seähn-sehen (ich sage und

schreibe: seahn) oder Sengsa-Sense (ich sage und schreibe: Sensa) entstammen den Bestrebungen

um eine möglichst hohe Lautgenauigkeit und zeigen, zu welchen unterschiedlichen Schreiblösungen

die einzelnen Schreiberinnen und Schreiber kommen (können) und wie unterschiedlich von

Mundartsprecherinnen und –sprechern die Lautgestalt von Wörtern desselben Dialekts oft

wahrgenommen und folglich auch einer Notation unterzogen wird.

47 Amprosi Pius: Sammlung von Mundartausdrücken, Namen und Begriffen aus Oetz und Umsassl. Zusammengestellt von
Ortchronist Pius Ambrosi und Mithilfe von Vroni Amprosi und weiteren Auskunftspersonen. Oetz/Dorfchronik Oetz P. A.
(Dritte, erweiterte Auflage) Jänner 2015
48 z. B.: Moser Hans (Hg.): Das Radio Tirol Wörterbuch der Tiroler Mundarten. Innsbruck-Wien/Haymon Taschenbuch
2013

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