Page 21 - Dialekt
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Mehrsprachigkeit. In den Elternhäusern und Kindergärten können wie in der Schule durch die
natürliche und zielorientierte Sprachpflege in Mundart und Standardsprache, allenfalls sogar
noch in einer Fremdsprache, wesentliche Beiträge für die sprachliche Förderung und
Entwicklung von Kindern geleistet werden.
Da Fachkompetenzen zu einem großen Teil auch auf der Sprachkompetenz basieren, hat es
sich als vorteilhaft heraus gestellt, in ganz bestimmten Unterrichtssituationen bei Anknüpfung
an die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler das Bewusstsein für
situationsangemessenes Sprach- und Sprechverhalten, d. h. für die je nach
Kommunikationssituation richtige Verwendung von Dialekt sowie Umgangs- und
Standardsprache zu schulen.
So schließen sich zunehmend sowohl Pädagoginnen und Pädagogen wie auch Autorinnen
und Autoren der von mir vertretenen Auffassung und Forderung an und treten dafür ein, dass
Mundart im Deutsch-Unterricht nicht negiert oder gar bekämpft, sondern als Kulturgut
behandelt und gefördert wird, weil in den allmählich verschwindenden Mundartausdrücken
und Sprüchen viel Poesie, Sprachmelodie und besonders Authentizität stecken.xliv
Der Dialekt ist für uns Tiroler unsere eigentliche Sprache. Dialekt und mit ihm Dialektliteratur
gehören zu unserem urtümlichen Tiroler Kulturgut.xlv Wir sollten uns diese Form der
natürlichen Zweisprachigkeit und sprachlichen Identität unverkrampft, aber so gut es geht,
bewahren und erhalten und nicht einfach schleichend nehmen lassen.
Es ist manchmal befremdlich, ja sogar beschämend, wie wenig sprachliche und kulturelle
Identität manche, auch prominente Tirolerinnen und Tiroler zeigen. Die Einheimischen
passen sich oft zu sehr an, um verstanden zu werden. Die Frage, ob es für die deutsche
Sprache im Allgemeinen und für den Dialekt im Besonderen so etwas wie eine Rettung gebe,
beantwortet der Germanist Professor Peter Wiesinger von der Universität Wien
folgendermaßen: „Die Schule müsste sich (mehr; Einschub HB) dafür einsetzen. Aber selbst
Schulbücher schwenken schon um. Das Ministerium ist der Meinung, im vereinten Europa
sei das Verharren auf einer eigenen Sprache nationalistisch.“ Und die Frage: „Verändert sich
Sprache nicht immer, wieso ist das ein Problem?“: „Das Bayrische oder Österreichische wird
als Dialekt eingestuft. Dabei sind diese Sprachformen anderen historisch gleichwertig. Und
Sprache bedeutet eben Identität.“xlvi Dem ist wohl nichts mehr hinzu zu fügen.
„Wer fremde Sprachen nicht kennt, weiß nichts von seiner eigenen“ heißt es bei Goethe.
Einsprachige Menschen haben selten das Gefühl, ihre Sprache nicht zu kennen. Die meisten
Dialektsprecherinnen und -sprecher sehen sich gewissermaßen sogar als
Dialektexpertinnen bzw. -experten. Etwas, was ich immer wieder erlebt und erfahren habe.
Dennoch tun sich besonders Erwachsene mit der Lektüre von Dialektliteratur oder beim
Singen von Liedern mit Mundarttexten oft recht schwer, während Schülerinnen und Schüler
dazu erstaunlicher Weise meistens durchaus dazu in der Lage sind. Besonders befremdlich
ist, wenn beim Sprechen (z. B. bei Interviews) Dialekt, fremde Mundarten und
Umgangssprache vermischt werden. Das tut nicht nur in den Ohren weh, sondern zeugt von
wenig sprachlicher Identität. Oder warum sollte man zum Beispiel ein Kärntner Lied nicht in
die heimische Mundart übertragen dürfen? Auch im Rahmen der Schulpraktischen Studien
werden Studierende nach meinen Erfahrungen diesbezüglich mit recht unterschiedlichen
Anforderungen und Anleitungen konfrontiert.
In diesem Zusammenhang mag es interessant sein zu erwähnen, dass Südtirols damaliger
Regionalratspräsident Franz Pahl 2001 von den Lehrer/innen besonders in den höheren
Schulen ein besseres Hochdeutsch forderte und die nachlässige Verwendung der deutschen
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