Page 19 - Dialekt

Gegenstand bewusster Spracharbeit nehmen.xxxvii Was immer man tut, die sprachliche
Identität darf dabei nicht beeinträchtigt oder erschüttert werden.
Ist ein Kind allerdings angehalten in eine Umgebung einzutreten, „die nicht in seiner
Herkunftssprache kommuniziert“,xxxviii erfolgen Einbußen und Verunsicherungen. Das Thema
ist im Hinblick auf Minderheitensprachen und den Spracherwerb von Kindern mit anderen
Muttersprachen als Deutsch (Kinder mit Migrationshintergrund) von hoher bildungspolitischer
Aktualität und Brisanz.
In einer Zeit, in welcher Mobilität und Migration für viele zur Lebensnotwendigkeit werden, ein
bedeutsamer und leider oft vernachlässigter Befund. Kinder mit einer anderen Muttersprache
als Deutsch müssen gar nicht selten gleichzeitig sowohl die Standard- als auch die
Umgangssprache bzw. den Dialekt erlernen, was in den Schulen häufig übersehen oder
vernachlässigt wird. Schulische Bemühungen sollten nicht submersiv erfolgen (Submersion
bedeutet ein mehr oder weniger erzwungenes Erlernen der anderen bzw. zweiten Sprache)
und sicherstellen, dass sog. Halbsprachigkeit (wenn weder die eine noch die andere Sprache
ausreichend beherrscht wird) nicht zum Tragen kommt.xxxix
Man müsste einmal die relativ hohe Analphabetismus-Quote nach neun Jahren Schulbesuch
auch unter diesem Aspekt bedenken. Unbeeinträchtigter Erwerb und ausreichende Kenntnis
wie Beherrschung einer Herkunfts- bzw. Muttersprache stellt eine unverzichtbare Bedingung
für die Ausbildung der muttersprachlichen und lokal-regionalen Identität dar. Ein möglichst
ungestörter Erwerb der Erstsprache begünstigt nicht nur das Erlernen weiterer Sprachen
(nach den Prinzipien: eine Person – eine Sprache und des Transferlernens), sondern ist „das
Fundament für die Bildung einer Ich-Identität, die das Kind in seiner Auseinandersetzung mit
der Umwelt entwickelt und braucht“.xl Insgesamt sind daher alle Aktivitäten und Projekte,
welche der Mundartpflege und Regionalkultur dienlich sein können, unterstützungs- und
förderungswürdig.

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