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Geschichten Joseph (Sepp) Rossa
„Du?“ sagte sie leise und ich nickte. Wir setzten uns auf die Bank, die schon
immer an der Hauswand zu stehen schien, und zögernd und beinah schüchtern
begannen wir zu reden. Einmal griff sie mit ihren verbrauchten Fingern nach
meiner Hand und ein klein wenig der glücklichen Kinderzeit war durch unsere
rauen Hände zu spüren. Sie hatte es nicht leicht gehabt, den Mann früh verloren,
die Tochter war weggezogen, sie war allein....
Nach einer Stunde, mit dem Versprechen wieder zu kommen, ging ich meiner
Wege.
Ich war erschüttert über die alte Frau. Sie war einmal so schön gewesen und
jetzt....die Augen,
ja die Augen waren noch die der Elfriede. Die einstmals vollen Lippen wirkten
faltig und verbissen, in die zarten Wangen waren Furchen gegraben, ihre
wohlgeformten weißen Zähne waren einem mäßigen Dentisten unterlegen.....
Sie war eine alte Frau geworden.
Am meisten erschüttert aber hat mich die Tatsache, dass ich zwei Jahre älter
bin als sie.
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