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Geschichten Joseph (Sepp) Rossa



               „Da kommt niemand“ meinte er bestimmt. „Es sind ja nur etwa 2 Stunden bis
               zu dem Berggasthof, von wo aus man die Bergrettung verständigen kann.“ Er

               vergewisserte sich, ob es der Frau gut ginge, strich ihr über die Stirn ob sie

               Fieber habe und wollte sich dann abwenden als sie nach seiner Hand griff.


               „Bleib. Bitte“ sagte sie ganz leise. Ihr Blick war ängstlich und doch glaubte er ein

               kleines Flackern darin zu sehen. Vielleicht vom Feuer im Ofen. Dann schüttelte er

               den Kopf und ging, nur mit Hemd und Hose bekleidet zur Tür hinaus. Es war
               stockfinster, zwischenzeitlich waren mehr als 20 cm Schnee gefallen und nach

               wenigen Metern stolperte er in einen Graben. Es war unmöglich.


               Er hatte sich zur ihr gesetzt, hielt ihre Hand und sie sahen sich an. Es war nicht

               viel was sie miteinander sprachen. Dass sie sich von ihrem Mann getrennt hatte

               und dass er Witwer gewesen war, dass seine Kinder längst aus dem Haus waren

               und dass sie beide sich sehr einsam fühlten. Sie war eingeschlafen und stöhnte
               einige Male vor Schmerz. Von Zeit zu Zeit legte er Holz in den Ofen, die Kerze

               war längst verlöscht, nur das Flackern des Feuers brachte etwas zuckendes Licht

               in den warm gewordenen Raum. Er stand vor der Frau und betrachtete sie. Die

               Haare waren getrocknet und ringelten sich an der glatten Stirn. Die kleine Nase

               bebte manchmal und auch ihre vollen Lippen zuckten hie und da. Auf 40 Jahre
               schätzte er sie, vielleicht wenn sie sich erholt hat, ein paar Jahre jünger. Sie ist

               sehr schön, dachte er und bemerkte, dass sie die Augen offen hatte.


               „Danke“ flüsterte sie, griff nach seiner Hand und drückte sie.


               Er hatte mit einem Mal Herzklopfen. „Mein hoher Blutdruck“ dachte er. Denn

               mit seinen beinahe 60 Jahren konnte es ja doch wohl keine andere Ursache

               haben. Sie schlief wieder ein und er begann mit offenen Augen zu träumen. Was

               er ihr, wenn sie gesund war alles zeigen werde, er wollte sie verwöhnen, er
               wusste nichts von ihr. Da lag seine Eva und langsam drang die Jugend, das

               Menschsein, das Mann-Sein in sein Inneres. Er wusste nicht wie ihm geschah und

               dennoch war er glücklich wie schon lange nicht mehr.






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