Page 7 - Microsoft Word - Geschichten
P. 7

Geschichten Joseph (Sepp) Rossa



               auseinandergezogenen Prozession wieder zu Atem zu kommen. Drei wild daher
               galoppierende Haflinger bringen nur unter das Jungvieh Unruhe, aber nach dem

               die Pferde wie ein Spuk wieder in den Wald verschwinden, beruhigt sich die

               Herde und trottet gemächlich dem voraus gehenden Sennen nach.


               Problemlos geht es über die Schiabfahrt und am Nonsweg kommt auch bald das

               erste Wasser. Das klar und frisch sprudelnde Nass wird vom Vieh gern

               angenommen aber ohne Aufenthalt geht es weiter bergan. Einige der Kühe
               werden hungrig und in Ermangelung saftigen Grases begnügen sie sich mit den

               jungen Moosbeerzetten.


               Vorbei an der Guggu-Alm neigt sich der Weg leicht abwärts und bald kommt

               das kleine Hiendlseebl in Sicht.


               Der vorausgehende Herbert genehmigt eine kurze Rast und teils fressend teils

               saufend stapfen die Tiere durch den Sumpf rings um den dunklen See. Das

               Wetter ist besser geworden und vereinzelt sieht man kleine blaue Flecken im
               Gewölke. Der Weg abwärts nach Langbruggen ist die letzte Erholung vor dem

               steilen Anstieg vorbei an der Stallnalpe hinauf in das Nurpental. Jetzt schert

               keines der Tiere mehr aus, zu anstrengend ist der Weg. Sich umblickend sieht

               der Bauer den nächsten Viehtrieb aus dem Wald näherkommen. Der Versuch die

               hinten nach trottenden Kühen zu schnellerer Gangart zu bewegen, scheitert an
               der Müdigkeit der älteren Tiere. Erleichtert erreicht die Herde die Brücke über

               den wild schäumenden Nurpensbach, zwei Kehren noch und dann kann sich das

               Vieh in die steilen, aber frisch grünen Alpböden hineinfressen. Zwar hat die

               nachfolgende Herde des Anderl noch aufgeschlossen, aber Mensch und Tier

               vertragen sich und streben langsam den Almhütten und Ställen zu. Gleichsam als
               Begrüßungsabordnung sitzt der wild bartumwucherte Steffl vor der ersten Hütte

               und trachtet mit durstigem Blick zu den vollen Rucksäcken der Ankommenden.

               Als ihm daraus zum Willkomm eine Obstlerflasche gereicht wird ist er kaum

               überrascht und hinterkünftig grinsend meint er: "Von dem konnst mir dös

               Versteck schun sogn".




               Seite -6-
   2   3   4   5   6   7   8   9   10   11   12