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Geschichten Joseph (Sepp) Rossa
Herz-Jesu-Freitag
Es ist Juni. Auffallend an diesem Freitag früh ist, dass
viel weniger Auto hinunter ins Land fahren. Ein Großteil der Pendler hat sich
diesen Tag frei genommen. Die frühe Morgensonne säumt das Kellerjoch mit
einem rötlichen Glanz und eine eigenartige Stille liegt über dem Dorf.
Es ist Herz-Jesu-Freitag.
Ein verlobter Tag am Weerberg. Das Gelöbnis geht sicher auf die Kriegswirren
1796 zurück, aber Niedergeschriebenes darüber ist nicht auffindbar. Beim Moar,
beim Kogler und beim Felderer wird
der Altar hergerichtet. Der Vierte ist am Kirchplatz aufgestellt.
Vom Inntal rauf kommen Autos, die alle mit Schützen besetzt sind. Sie parken
beim Adler, die Kirchgasse hinunter und beim neuen Kindergarten.
Die Fahnen werden zusammengestellt und entrollt.
Am Kirchplatz mehren sich die Schützen aber auch Musikanten mischen sich
darunter. Es ist um das erste Mal Zusammenläuten. Erstkommunikanten-
Kinder, in ihren schmucken Gewändern werden von den Lehrpersonen in die
Kirche gewiesen die sich
langsam mit den Gläubigen füllt. Nach dem zweiten Zusammen- läuten gehen
auch die Schützen und Musikanten ins Gotteshaus. Am Mittelgang nehmen die
Weerberger Schützen Aufstellung und vor dem Hochaltar stehen die
Fahnenabordnungen der umliegenden Gemeinden, ja sogar der Feind früherer
Tage, nämlich die Bayern stehn mit ihrer Fahne neben den Tirolern.
In den vorderen Bänken, auf der Männerseite, die sonst immer ziemlich verwaist
ist, haben heute Ehrengäste Platz genommen.
Der Gemeinderat samt Bürgermeister, soweit sie dem Bauernstand angehören.
Die im Land beschäftigten sind etwas weniger vertreten. Dafür ist aber der
Bezirkshauptmann und der jagdfreudige Landesrat in der Uniform zu sehen.Die
Sakristeiglocke ertönt und mit lauten Klängen rauscht die altersschwache Orgel.
Der Festgottesdienst wird vom Kirchenchor umrahmt und die Sonne, die durch
die ostseitigen Fenster strahlt lässt die freudige Erwartung für die folgende
Prozession anwachsen.
In der Diözesanchronik ist mit schwer leserlicher Handschrift aus dem Jahr
1875 vermerkt, dass ein Missionspfarrer aus Amerika, namens Josef Mandl, der
minderen Herz-Jesu-Bruderschaft Weerberg zur Abhaltung ihrer Prozession am
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