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Geschichten Joseph (Sepp) Rossa
für immer ausgelöscht. Die neue Zeit war angebrochen, mit immer
mehrwachsender Technik und verdrängte das zufriedene Leben der
Bergbewohner langsam, aber sicher zur Erinnerung und zur folkloristischen
Zurschaustellung bei sogenannten Tiroler Abenden. Modernisierung war angesagt
und der Bergbauer war genötigt sich zu spezialisieren. Es gab keine Dienstboten
mehr und die Maschinen, die den Knecht und die Magd ersetzten kosteten viel
Geld. Und wenn das Wetter und die Natur nicht mitspielte kam die Chemie zum
Einsatz.
Ein paar Alte gingen noch auf die Alm, zu alt um die harte Arbeit zu erledigen,
die Buben bekamen nicht mehr schulfrei und die Bauern waren gezwungen am
Hof zu bleiben um die Kriterien und Anforderungen der europäischen
Landwirtschaft zu erfüllen. Senner waren kaum zu bekommen, nicht einmal
Fernseher samt Sat-Schüssel bewogen Arbeitslose auf die Almen zu gehen. Und
wenn einer sich herabließ, dann waren seine Lohnforderungen so hoch dass sie
kaum zu bezahlen waren.
Man begann die Almen verkehrstechnisch zu erschließen, baute Wege zu den
Stallungen und bald zerriss Traktorenlärm die Almidylle. Niemand war der noch
Zeit hatte, um zu käsen, so wurde die Milch ins Tal geliefert. Um das weiße Gold
tagsüber zu kühlen reichte die nur mehr spärlich rinnende Quelle nicht mehr,
und der mit dem kostbaren Nass erzeugte Strom musste bald zur Kühlung und
zum Kochen eingesetzt werden. Mit zum Teil nicht mehr verkehrstauglichen
Autos fahren sie am frühen Morgen auf die Alm und erledigen die harte Arbeit,
gleich drauf wieder zum Hof wo die Arbeit wartete, und nach Marend wieder
auf die Alm. Um jeds einzelne Gras musste gefeilscht werden und die Ehrlichkeit
fing an zu zerbröckeln. Der Egoismus, den die gemeinsame Armut allezeit
sorgsam hintanhielt, kam nun, wo es welche gab die nicht mehr ganz so arm
waren, ans Tageslicht. Die alten Zeichen und Regeln geraten beim Lärm
dieselbetriebener Viertaktmotoren langsam in Vergessenheit.
Die paar Alten die sie noch wissen werden als Märchenerzähler abgetan. Oder bei
Folkloreabenden lachend zitiert. Und ohne daß man es merkte wurde das
Verständnis für den Andern zu Grabe getragen. Die Kuh die sich verstiegen hatte
wurde übersehen, weil sie dem Nachbarn gehört.
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